Oder: Wie der Japaner Hiro Nakamura die Zeit für eine Sekunde anhielt
Kennt ihr vielleicht Hiro Nakamura? Er ist 27 Jahre alt und arbeitet als Programmierer bei Yamagato Industries in Tokio. Seine Arbeit erfüllt ihn nicht und am liebsten liest er Comics und träumt von Superhelden. Er ist sich ganz sicher, dass er das Raum-Zeit-Kontinuum mit seinem Willen beeinflussen kann. Eines Tages gelingt ihm das tatsächlich, und der Wecker auf seinem Schreibtisch springt genau um eine Sekunde zurück. Eine Sensation. Schade: Im Büro glaubt ihm das niemand.
Nach dieser Erfahrung spürt Hiro, dass er etwas ganz Besonderes ist. Er setzt noch einen drauf und schafft es, per Teleportation fünf Wochen in die Zukunft zu reisen – nach New York. Dort findet er heraus, dass er Millionen von Menschen vor einer Atombombe retten soll.
Okay – ihr ahnt es: Hiro Nakamura ist ein Filmheld. Er ist eine der Hauptfiguren aus der amerikanischen TV-Serie »Heroes«. Während der einzelnen Episoden tauchen immer neue Menschen mit besonderen Fähigkeiten auf. Böse und Gute. Unsichtbare, fliegende, superstarke, gedankenlesende Menschen.
Bei jeder Episode habe ich mich gefragt, was würde ich wohl für eine besondere Fähigkeit haben wollen? Gedankenlesen? Oder Durch-die-Wände-gehen-Können? Was würde man dann tun? Umsonst ins Hallenbad? Nachts bei Karstadt? Oder mal reinschauen wie es bei Merkels im Wohnzimmer ausschaut? Haha. Besonders beeindruckend fand ich die Frau, die sich in jeden x-beliebigen Menschen verwandeln kann. So eine Art Chamäleon.
Wolltet ihr als Kind auch Superkräfte haben? Ich schon. Mit den anderen in der Straße wetteiferte ich: Wer schlägt wen? Röntgenblick gegen Düsen in den Füßen, wolkenhohe Sprungkraft gegen Elektropfeile, die aus der Hand kamen, unverwundbares Strahlenschild gegen Skateboard mit Warp-Antrieb. Letztendlich gewann aber nie jemand wirklich. Immer war eine Fähigkeit noch besser oder sogar wieder schlechter als eine, die eigentlich schon aus dem Rennen war. Okay – wahrscheinlich so eine Jungssache. Ich glaube, Mädchen wollen Popstar werden oder Model oder ein Pferderanch in Arizona besitzen.
Ich frage mich, ob es immer so eine Superfähigkeit sein muss. Ich finde, jemand hypnotisieren oder Zaubertricks zu können, ist auch schon ziemlich cool. Oder: gut kochen können. Damit kommt man prima durchs Leben. Mit einer raffinierten selbst gemachten Pizza oder mit Gerichten wie Saltimbocca alla romana oder Kaninchen in Rotweinsauce mit Semmelknödeln kann man das ganze Leben lang Menschen verzaubern und beeindrucken. Also könnte eine besondere Fähigkeit auch was völlig Irdisches sein. Oder?
Denkt ihr nicht auch, dass eine besondere Fähigkeit für jeden was anderes ist?
Vielleicht kann euer/e Freund/in/Frau/Mann tolle Geschichten erzählen oder die Zunge auf die Nasenspitze legen, mit einem Streichholz zwischen den Zähnen einen Number-One-Hit singen oder ganz einfach unheimlich gut zuhören. Ich finde ja Verbindlichkeit ziemlich klasse. Jemand sagt etwas, und das tut er dann. Klar: Klingt ziemlich langweilig. Wahrscheinlich so wie rücksichtsvoll sein oder großzügig.
Manchmal, wenn ich durch die Foren surfe, entdecke ich Menschen die auf Fragen mit einem Google-Link antworten. Sonst nix. Nur der Link zur Suchmaschine. Nach dem Motto: »Hier – schau doch selbst. Es gibt doch Google.« Da fragt einer und dann so was. Aber es gibt auch andere. Na ja – eben die freundlichen, rücksichtsvollen, netten Antworter. Ich finde, das ist eine gute Fähigkeit. Oder ist das eine Eigenschaft?
In der letzten Episode der ersten Staffel von »Heroes« (die Serie wurde wegen großem Erfolg fortgesetzt) verhindert Hiro Nakamura, mit seinem Schwert und mit der Hilfe der anderen Helden, die Atomexplosion. Gottseidank. Ich bewundere ihn. Er hat tapfer gekämpft. Danke Hiro. Leicht war es auch für ihn nicht immer – den Superhelden. Aber er hat es geschafft. Ich glaube, nicht nur weil er diese enorme Fähigkeit, sondern auch weil er einen guten Charakter hat. Aber eigentlich muss man dazu ja kein Superheld sein. Oder was meint ihr?
Der Frager
Neueste Artikel von Der Frager (alle ansehen)
- Torsten Wirschum – wie aus einem Umherstreifenden ein Wanderer wurde - 6. Juli 2021
- Wibke Anton ist diplomierte Opern-, Konzert- und Liedsängerin. Heute arbeitet sie selbstständig als Präsentations-, Präsenz- und Stimmtrainerin. Online zeigt sie sehr anschaulich, warum ihr Programm »stimmig« heißt. - 15. Februar 2021
- Eine ungewöhnliche Mischung aus Kreativem und perfektionistischem, sehr effizientem Techniker. Der Frager interviewt den Züricher Fotografen hanspeter wagner. - 1. Dezember 2018
1 Kommentar
Wolfgang M. Epple
4. Oktober 2012 at 16:24Stimmt, muss man wirklich kein Superhiro sein.